AIDS-Hilfe Steiermark
Presseaussendung am 30.11.2023
1983 wurde der erste AIDS-Patient im LKH Graz aufgenommen. Damals war eine HIV-Diagnose ein Todesurteil. Heute (40 Jahre später) ist ein langes, beinahe beschwerdefreies Leben mit HIV möglich und mit den richtigen Maßnahmen kann die HIV-Pandemie beendet
werden. Sie müssen nur umgesetzt werden.
„In der Steiermark gibt es pro Jahr rund 50 HIV-Neudiagnosen, 2022 waren es 42. Das heißt, wir finden im Durchschnitt immer noch eine Person pro Woche, bei der eine HIV-Infektion zum ersten Mal festgestellt wird, und das alleine in der Steiermark“, sagt Mag. Manfred Rupp, Geschäftsführer der AIDS-Hilfe Steiermark.
Kenne deinen HIV-Status!
„Das größte Problemfeld bleiben dabei die späten Diagnosen. Späte Diagnose bedeutet, dass Menschen erst Jahre nach der HIV-Ansteckung diagnostiziert werden und in Unwissenheit ihrer Infektion weitere Menschen anstecken können,“ betont OÄ Dr.in Christina Genger-Hackl (Obfrau der AIDS-Hilfe Steiermark und langjährige HIV-Behandlerin am LKH Graz II, Standort West). Hauptsächlich betrifft das heterosexuelle Menschen über 50, die am Land leben. Das ist genau jene Gruppe, die sich weniger testet und die mehr Informationen braucht.
„Sich testen zu lassen und seinen HIV-Status zu kennen, ist ein Beitrag zu Beendigung der HIV-Pandemie, den jede Person leisten kann“, sagt Manfred Rupp.
HIV-Therapie heute
„Wir haben seit vielen Jahren gute Therapiemöglichkeiten, die ein beinahe beschwerdefreies Leben mit durchschnittlicher Lebenserwartung ermöglichen“, berichtet Genger-Hackl aus dem medizinischen Alltag. „Neben der Standardtherapie mit einer Medikamenteneinnahme täglich, können wir mittlerweile auch eine Injektionstherapie anbieten. Alle zwei Monate eine intramuskuläre Injektion, anstatt täglich die HIV-Medikamente einnehmen zu müssen, ist für einige Patient*innen eine große Erleichterung. Mit diesen zwei Möglichkeiten können wir in den meisten Fällen das Therapieziel erreichen: Eine massive Senkung der HI-Viren im Blut und eine Stabilisierung des Immunsystems, sodass eine Übertragung durch
ungeschützten Sexualkontakt so gut wie ausgeschlossen werden kann.“ Ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zum Ende der Pandemie!
Der richtige Schutz
Viele Menschen verwenden Kondome zum Schutz vor HIV und sexuell übertragbaren Infektionen. Vor allem Jugendliche sind hier sehr vorbildlich. „90 % der Jugendlichen verwenden beim ersten Sexualkontakt das Kondom“, berichtet Rupp von einer Befragung bei 400 Jugendlichen durch die AIDS-Hilfe Steiermark. Dieses Ergebnis wird auch durch die Studie „Jugendsexualität 9. Welle“ der Deutschen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) bestätigt. Die jahrelange Jugendprävention der AIDS-Hilfe Steiermark wirkt.
Eine weitere Methode, sich effektiv vor einer HIV-Infektion zu schützen, ist die sogenannte „Präexpositionsprophylaxe (PrEP)“. Mit einer Tablette täglich kann das HIV-Ansteckungsrisiko minimiert werden. „Jedoch ist zu beachten, dass die PrEP nur vor HIV schützt und regelmäßige Kontrolltestungen auf HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen notwendig sind“, gibt Genger-Hackl zu bedenken.
Eine von Gesundheitsminister Rauch in Auftrag gegebene und im April 2023 präsentierte Studie des „Austrian Institute for Health Technology Assessment“ empfiehlt die Erstattung des Medikaments und sieht es als Teil eines umfassenden Test-, Präventions- und Behandlungsangebots. Die Nichterstattung verstärkt die gesundheitliche Ungleichheit.
Kurzfristig werden natürlich Kosten entstehen, wobei mittelfristig mit einer Kostendeckung und langfristig mit einer Kostenersparnis zu rechnen ist.
„Daher fordern wir als AIDS-Hilfe Steiermark gemeinsam mit den anderen AIDS-Hilfen Österreichs und der Österreichischen AIDS Gesellschaft die Kostenübernahme der PrEP durch die Sozialversicherung, wie das bereits in vielen anderen Ländern Europas geschehen ist. Denn jede verhinderte HIV-Infektion bringt gesundheitlichen Nutzen und spart Geld“, so Rupp.
HIV/AIDS Basics
- HI-Virus kann nur von Mensch zu Mensch übertragen werden
- unbehandelte HIV-Infektion führt zu AIDS
- AIDS ist unbehandelt eine tödliche Krankheit
- nicht heilbar, aber gut behandelbar
- Hauptübertragungsweg: ungeschützter Sex
- Schutz: Kondom/Femidom, PrEP, HIV-Status von sich und Sexpartner*innen kennen
HIV in Österreich 2022
- Neudiagnosen: 473
- Schätzung Gesamtzahl HIV-Positive: 8.000–9.000
Quelle: HIV Kohortenbericht / Virusepidemiologische Informationen
HIV in der Steiermark 2022
- Neudiagnosen: 42
- Schätzung Gesamtzahl HIV-Positive: 1.000
Quelle: HIV Kohortenbericht / Virusepidemiologische Informationen
Quellen und weitere Informationen:
- Zentrum für Virologie, Medizinische Universität Wien: „HIV-Infektionen 2022“ und „Langwirksame injizierbare HIV-Therapie – ein Update“ in: https://www.virologie.meduniwien.ac.at/wissenschaft-forschung/virusepidemiologie/virusepidemiologische-information/2023/
- HIV / AIDS in Austria, 44th Report oft he Austrian HIV Cohort Study, 2023, in: https://www.aidsgesellschaft.at/wp-content/uploads/2023/07/Kohortenbericht44_2023.pdf
- AIDS-Hilfe Steiermark: Workshop Sexuelle Gesundheit Evaluierung 2017 und 2018 in: https://www.aids-hilfe.at/publikationen__trashed/
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Jugendsexualität 9. Welle, 2019 in: https://www.sexualaufklaerung.de/forschungsergebnis/jugendsexualitaet-9-welle-3/
- AIHTA: Orale und parenterale Präexpositionsprophylaxe (PrEP) zur HIV-Prävention bei Risikopersonen: systematische Übersichtsarbeit zur Wirksamkeit und Sicherheit mit Bewertung der organisatorischen, ökonomischen, sozialen, ethischen und rechtlichen Aspekte, 2023 in: https://eprints.aihta.at/1436/
- Österreichische AIDS Gesellschaft, Maßnahmen zur Senkung der HIV-Inzidenz in Österreich: FORDERUNG der MEDIZINISCHEN FACHGESELLSCHAFT zur HIV-Präexpositionsprophylaxe (PrEP), 2022, in: https://www.aidsgesellschaft.at/wp-content/uploads/2022/11/OeAGForderung-zu-PrEP-in-Oesterreich-2022.pdf